Maria
Maria: Mutter Gottes, Knotenlöserin, Jungfrau oder junge Frau, Himmelskönigin, Schmerzensmutter, ohne Erbsünde empfangen, Ehefrau, Entscheidungsträgerin.
Man stellt sie sich gern makellos vor: ikonisch, mit Krone und Zepter, das Kind auf dem Schoss, unter dem Kreuz, in Marmor gehauen oder mit Edelsteinen besetzt.
Doch vielleicht war sie viel gewöhnlicher – und gerade darin überraschend. Vielleicht war sie in den Tagen vor Jesu Geburt nicht ununterbrochen gefasst, sondern machte Listen, vergass Dinge, fragte sich, ob das wirklich Gottes Plan war. Und vielleicht entdeckte sie mitten in all dem eines: dass Glaube nicht bedeutet, alles im Griff zu haben, sondern Schritt für Schritt weiterzugehen – auch wenn die Laterne nur einen Meter des Weges erhellt und das Reiten auf dem Esel, hochschwanger, gewiss nicht bequem war.
Im Advent feiern wir oft das Grosse: Prophetenworte, Himmelslichter, Engelschöre. Maria erinnert uns daran, dass Gott im Kleinen beginnt: in einer jungen Frau, die nicht perfekt war, aber Ja sagte. Ja – ich versuche es. Ja – auch wenn ich nicht weiss, worauf ich mich einlasse. Ja – in einem Alltag, der nicht heilig wirkte und doch heilig wurde.
Vielleicht ist das Überraschendste an Maria nicht, dass sie erwählt wurde, sondern, dass das Göttliche gerade dort anklopfte, wo es von aussen unspektakulär aussah; klein, unbedeutend und unglaublich unwahrscheinlich.
Vielleicht beginnt auch in uns schon etwas, still und unscheinbar, und wartet nur auf ein vorsichtiges Ja. Auf ein Losgehen, Probieren und Willkommen heissen von dem, was auf uns zukommt. Und vielleicht wartet dieses Neue nicht darauf, dass wir perfekt vorbereitet sind, sondern nur darauf, dass wir uns ein Stück weit öffnen. Dass wir mitgehen, mitfragen, mitstaunen. Denn oft beginnt das Heilige genau dort zu wachsen, wo wir ihm unsicher, aber voll Vertrauen unser kleines Ja schenken. So, wie es Maria getan hat.
Die spirituellen Anregungen des «Paradiesgartens» im Jahr 2025 werden gepflanzt von Felicitas Ameling, Theologin und Spitalseelsorgerin. Mehr über die Autorin
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